Betrachtet man die Berichterstattung in den letzten Tagen, scheint es mit dem Wahlergebnis in den USA nur ein Thema zu geben. Die Wahl des US-republikanischen Kandidaten Donald Trump zum neuen US-Präsidenten hat weltweit für überwiegend negative Reaktionen gesorgt. Wir haben als einer der ersten Kommentare nach dem Wahlergebnis im manager magazin online unter http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/was-donald-trumps-sieg-fuer-die-wirtschaft-bedeutet-a-1120340.html die Folgen beschrieben, falls Donald Trump tatsächlich seine Wahlankündigungen umsetzen würde. Dies war möglich, weil wir uns schon sehr frühzeitig auf das aus unserer Sicht wahrscheinliche Szenario eines Wahlsiegs Donald Trumps eingestellt hatten. Zwar ist damit unsere Wahleinschätzung eingetreten, die Reaktion an den Märkten fielen nach einem kurzen Schockmoment allerdings deutlich anders aus.

Folgt man dem Wahlprogramm von Donald Trump, müsste sich die US-Wirtschaft deutlich abschwächen, weil er protektionistische Ansätze verfolgt, mit denen keine Schaffung von neuen Arbeitsplätzen oder ein Wirtschaftsaufschwung verbunden wäre, sondern nahezu ausschließlich negative Folgen hätte. Seine erste Stellungnahme nach Bekanntwerden seines Wahlsiegs fiel jedoch moderater aus und schien für Hoffnung an den Kapitalmärkten zu sorgen. Zwar hält er an seiner Haltung einer starken Fokussierung auf die USA fest, sieht dies wirtschaftspolitisch allerdings nicht als kurzfristiges Thema. Entsprechend erwartet man nun eher ein großes, wiederum schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm in den USA im Wert von 1 Billion US-Dollar. Durch den Schwerpunkt bei Infrastrukturmaßnahmen werden viele Rohstoffe benötigt. Dies sorgte für einen Preisschub in diesem Sektor ebenso wie bei Aktien von Industrieunternehmen und von Kreditinstituten. Mit einem solchen Konjunkturprogramm, bei dem sich die Frage stellt, wie dieses zu finanzieren ist, würde dann nicht nur ein - sicherlich künstliches - Wirtschaftswachstum entstehen, sondern auch die Inflation ansteigen, was sich schon jetzt in steigenden Rohstoffpreisen zeigt. Damit hätte die US-Notenbank noch mehr Argumente, um eine Leitzinserhöhung vorzunehmen, die dann aber wiederum die schuldenfinanzierte Konjunkturpolitik von Donald Trump für die USA noch unbezahlbarer machen würde. Entsprechend wird der neue US-Präsident hier sehr schnell die Abhängigkeiten zu Institutionen wie der US-Notenbank erkennen, die er bislang massiv kritisiert hatte. Dennoch ist die Marktreaktion momentan eindeutig: Man rechnet mit einer Umsetzung des Konjunkturprogramms nach den Vorstellungen von Donald Trump und einer dennoch erfolgenden Zinserhöhung seitens der US-Notenbank. Letzteres scheint auch erforderlich zu sein, um die eigenen Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden. Schließlich wird an den Märkten schon jetzt ein deutlicher Wirtschaftsaufschwung eingepreist. Für diesen Fall hatte die US-Notenbank stets die Erhöhung des Leitzinses angekündigt.

Wenn Anleihen eben doch nicht "risikolos" sind...

Zusammen mit der teilweise tatsächlich etwas gestiegenen Inflation weltweit und den steigenden Rohstoffpreisen, die als Frühindikator für steigende Inflationsraten gesehen werden, kamen dann Anleihen weltweit unter Druck. Kurz- bis mittelfristig laufende Unternehmensanleihen waren davon nicht betroffen, während längerfristige Anleihen hier schon eine starke Bewegung zu verzeichnen hatten und insbesondere Staatsanleihen teilweise deutlich unter Druck kamen. Durch das extrem niedrige Niveau in Deutschland hat hier - in der Betrachtung des relativen Zinsniveaus - bei deutschen Staatsanleihen sogar fast ein „Anleihecrash“ stattgefunden. Unter dem Blickwinkel möglicher Zweifel an der Rückzahlungsfähigkeit von Staatsanleihen war hier unsere vorsichtige Strategie aus Liquidität, kurz- bis mittelfristigen, erstklassigen Unternehmensanleihen und teilweise Absicherung des Zinsniveaus sicherlich richtig.

Man tritt in eine Phase der Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Politik von Donald Trump ein, die vermutlich erst mit seiner Amtseinführung am 20.01.2017 deutlich klarer werden dürfte. Dies wird an verschiedenen Stellen für deutliche Marktbewegungen sorgen. Daneben spielt die weltweite Zinspolitik eine wesentliche Rolle. Während man mit Blick auf Japan von einer mindestens Beibehaltung der extrem expansiven Geldpolitik ausgehen kann, rechnen wir - anders als an den Märkten eingepreist und entgegen unserer bisherigen Einschätzung - mit einem Verzögern der Leitzinserhöhung in den USA und der kurzfristigen Bekanntgabe einer Verlängerung des Anleihekaufprogramms seitens der EZB. Schließlich sorgt die politische Agenda das designierten US-Präsidenten für eine stärkere Fokussierung auf die dortige Wirtschaft, was insbesondere für Deutschland das Interesse an einer gut funktionierenden europäischen Entwicklung noch verstärken dürfte.

Hierfür bestehen allerdings verschiedene Herausforderungen, die nur teilweise mit den USA zusammenhängen. Zwar ist nun eine engere Verzahnung zwischen der EU-kritischen Regierung in Großbritannien und den USA im Zuge des Brexits etwas wahrscheinlicher geworden, aber auch innerhalb Kerneuropas drohen verschiedene Herausforderungen. So liegt momentan die Wahrscheinlichkeit an den Kapitalmärkten eines Austritts Italiens aus der Währungsgemeinschaft über der von Griechenland. Ursache ist hier das immer näher rückende Referendum zu einer Verfassungsreform, über die die italienische Bevölkerung am 04.12.2016 abstimmen wird. Damit sollen Reformen, die langfristig Italien wettbewerbsfähiger machen, erleichtert werden. Allerdings werden dort die Nachteile weit stärker als der Nutzen wahrgenommen, was dann in der Folge zu einem Rücktritt des italienischen Regierungschefs Matteo Renzi führen könnte.

2017 "Mega-Wahljahr" in Europa

Dann wäre 2017 in Europa ein „Mega-Wahljahr“, da nicht nur in Italien, sondern planmäßig in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland gewählt würde. Zumindest in den erstgenannten beiden Staaten scheint ein populistischer Erfolg ähnlich wie in den USA möglich zu sein. Nicht zuletzt konnte Donald Trump in den USA schließlich die Wahl für sich mit Versprechungen entscheiden, die faktisch kaum realisierbar sind. Dennoch sollte man die Risiken seines Wahlprogramms nicht unterschätzen, was derzeit an den Märkten aber getan wird. Insbesondere die US-Kreditinstitute hegen damit massive Hoffnungen auf eine Reduzierung der bisherigen Regulierung, was unter anderem den Eigenhandel, der die weltweite Finanzkrise massiv beschleunigt hatte, wieder signifikant erleichtern dürfte. Damit würde sich die Finanzwirtschaft immer stärker von der Realwirtschaft entkoppeln und systemische Risiken entstehen, die momentan nicht abzuschätzen sind. Diese Entwicklung sollte man abwarten, bevor man zu einer grundlegenden Einschätzung der Perspektiven einer Präsidentschaft von Donald Trump kommt. Eine weitere Entkoppelung der Finanzwirtschaft von realwirtschaftlichen Vorgängen ist aber genau das, für das Donald Trump nicht gewählt wurde. Schließlich fehlt den USA die industrielle Basis, mit der sie dann wiederum wettbewerbsfähiger werden kann und tatsächlich neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Dies bedingt aber auch eine weiterhin expansive Notenbankpolitik, sodass die aktuelle Entwicklung bei Anleihen selektive Kaufgelegenheiten bietet.

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